Acht Sachsen, die auszogen, dem Franken das Fürchten zu lehren
Unbehelligt durchguerten wir, die einfachen Menschen Eddi, Jochen, Meutz, Muh, Uli, Novize Märtyrer und das Dauergastbergbaby Kobe, aus unserem schönen Elbauenland kommend, das nahezu menschenleere Brandenburg. Im schönen Feld parkten wir unsere Pferde auf der Weide,
stärkten uns mit einem schleswig-holsteiner Hopfengetränk und stiegen furchtlos in ein lärmend-stinkendes, stählernes Fluggerät. Während des Kapitänsdinner pendelte die Cockpittür permanent auf und zu. Stewardessen brachten immer neue Delikatessen
in die Pilotenkabine und da dabei der Kopilot den für den Alpenüberflug obligatorischen Sinkflug vergaß, landeten wir wohlbehalten in nice Nice.
Viel hatten wir schon erlebt und an Lagerfeuern gehört von den hier ansässigen, mutigen Frankenhorden, die raubend durchs Land ziehen. Entsprechend waren wir vorbereitet! Christian, kampferprobt aus Bayern zu uns stoßend, verstärkte unsere Schlagkraft. Nun waren wir komplett, also 7 einfache Schergen und ein Babysöldner bewaffnet mit Seilen, Karabinern, weißem
Pulver und 12 in Muh's blau-weiß gestreifter Marinestrandumhängetasche wohlbehüteten Eiern. Wir erhandelten 3 Droschken, wobei Kobe und ich die verbeulteste bekamen. Da Kobes elektronischer Pfadfinder wie wild im Frankenland umhersprang, verließen wir zwei uns auf den gesunden Menschenverstand und kamen als erste am Herrenhaus in Cassis an. Verriegelt und verrammelt fanden wir die Feste vor, riefen über hohe Festungsmauern, doch niemand öffnete. Robert beschwörte sein magisches Kästchen, darauf verriet uns der Burgherr persönlich die geheime Parole und das Tor öffnete sich wie von Zauberhand. Zuerst wurden die fränkischen Zimmer begutachtet und nach sächsischer Gepflogenheit ummöbliert. Ich riss die Matratze aus einem der 2 Stubenbetten und verfrachtete sie in Christians und Uli's Zimmer.
Muh zerlegte gleich sein ganzes Bett fachgerecht, denn er konnte hier nur tiefergelegt erholsamen Schlaf finden. Dieser wurde uns
allen durch ein permanentes Quack-Unken-Gedröhn sehr erschwert. Meutz, der Dampfhammer unter den Sägern, schlief in der Stube gleich
mit Lärmschutzstöpseln und Lichtschutzaugenabdeckung. Auch Kobe schmiss, zum Leidwesen Muh's, gelegentlich das Uttewalder Sägewerk an. Nur aus dem größten Zimmer, in dem Jochen und Robert schliefen, hörte man über die gesamte Expeditionsdauer keinen Mux.
Vor den großen Taten musste erst mal der Magen gefüllt werden. Einige zogen los, um etwas ess- und trinkbares aufzutreiben, andere chillten am Hausteich und ich machte mich zur ersten Erkundung auf. Nach 400m in der Bucht Port-Miou tauchte ich ein in die
Cacherwelt. Ein von leeren Destillatflaschen umgebener Muggel störte meine Suche und nach dem Loggen bei ihm vorbeikommend, hörte ich ihn tschechisch fluchen: ...mlumm...pfchze...rschski...na krutkrrr...! Mir wurde sofort klar, den haben die Franzosen hier im Steinbruch
fertig gemacht, der schafft es nicht wieder nach Hause! Er faselte noch was von ...schesches...lova...kai...
als ich ihm bedauernd zum Abschied die Hand reichte und mich schleunigst in unsere sichere Festung zurückzog. Das kulinarische Erlebnis des ersten Abends bestand aus einem großen gemischten Gemüse-Schafskäse-Salat mit Baquette. Alle saßen im Kreis um die Schüssel und
doch halt! Spätestens seit der letzten großen Pest haben auch wir Sachsen gelernt, aus eigenen Schüsseln zu essen!
Die Frühstücke nach geruhsamen, kühlen Nächten brachten nichts weiter aufregendes nur das, getreu der alten sächsischen Tradition "Selbst gebrüht, schmeckt's immer noch am Besten!" später noch 2 Kaffeeautomaten dran glauben mussten. Dieses neumodsche Zeuschs is äbn nischt für germanische Wilde! Auch waren wir Eddi sehr dankbar, dass er uns, so kurz nach dem Aufstehen und völlig ungeschminkt, mit der Kameraeinstellung "Schöne Haut" fotografierte. Auch im Gewänd war dies bedeutsam, konnte
man da doch das Nachpudern vernachlässigen und sich voll auf die Kletterei konzentrieren.
Unabhängig von meinem Erkundungserlebnis wurde als erstes Ausflugsziel die Schlucht Lange Klamm erkoren, zu der wir an der Port-Miou Bucht vorbeikamen. Dementsprechend waren wir auf der Hut, schlossen vor dem Abmarsch alle Fenster und Türen und sicherten unsere
Festung. An der Kalksteinmauer angekommen stellte Muh fest, seine Kampfgeräte vergessen zu haben, was er sogleich berichtigte. Einige Einheimische turnten schon im Gewänd, was uns wenig irritierte, da noch genügend weiteres Potential vorhanden war. Mit römischer
Pasta, fränkischem Gerstensaft und einem fruchtigen Vacqueyras 2012 ließen wir den zweiten Abend ausklingen. Aufgrund unserer schon deutliche Kampfspuren aufweisender Ausrüstung kamen die Gespräche auf eine bedeutende Rüstkammer - dem Decathlon
- und wie es der Zufall will, fuhren wir auf dem Weg nach Sormiou an eben diesem vorbei. Auf der Rückfahrt wurde hier gestoppt und ich erwarb einen Magnesiaklotz, den ich mir aufgrund seiner gigantischen Ausmaße mit Jochen teilte. Auch Ketten- bzw. Neoprenhemden
und vor allem der Plastikkopfschmuck waren bei manch steinschmeißendem Kampfgetümmel sehr von Vorteil!
Und noch weitere Buchten und landesinnere Gebiete wurden erobert, so das speckige En Vau, das kleine ??? hier reichte meine Karte nicht mehr aus und das mir am besten gefallene Morgiou. Das war nicht mehr zu toppen! Alles wurde von uns by fair means geklettert.
Nur einmal sollte die sächsische Kletterethik hart auf die Probe gestellt werden. Holte doch Meutz vorm Einsteigen eine Flasche German Oxygen aus dem Rucksack, denn nach einer Flasche Bier legt sich bekanntlich der Fels!
Jedes mal freuten wir uns nach unseren Ausflügen unbeschadet an Leib, Seele und Material wieder in unserem sicher umfriedetem
Basislager zurück zu kehren. My home is eben my castle!
Doch eines schönen Tages, wir kamen wieder mal müde und abgekämpft zu unserer Friedburg, stand die Tür zum Herrenhaus sperrangelweit offen. Nach einer schnellen Lagesondierung, nichts fehlte, stellten wir ganz nüchtern fest, dass schlicht
und einfach der Letzte vergessen hatte, die Tür zu schließen! Wir widerlegten damit eindeutig die Mär, dass um Marseille nur Strauchdiebe leben! Oder hatten wir einfach nur Glück? Ende gut alles gut!
Und es konnte nach dem erfolgreichen Frankreichabenteuer die Heimreise angetreten werden.
Ich als Neu mit Glied freue mich schon auf die nächste Frühjahrsexpedition der verschworenen und lustigen Einfachen Menschen
euer Märtyrer.
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